Testa Missirola
Einer der einsamsten und abgelegensten Winkel auf der Südseite des Val Grande di Lanzo. Die Testa Missirola ist ein wenig bekannter und daher selten begangener Gipfel. Eine Wanderung durch eine vergessene Welt auf abschnittsweise unmarkierten und verwilderten Pfaden.
Die Marschrichtung lautet, wie sollte es anders sein, bergauf. Von Bussoni (919 m), ein nur noch von wenigen Menschen dauerhaft bewohnter Ortsteil von Chialamberto, überquert man zunächst den Fiume Stura di Valgrande. Von der Brücke blickt man auf die Gipfelkulisse über dem oberen Val Grande di Lanzo, das Rauschen des Flusses ist irgendwie wohltuend und beruhigend. Der Weg verschwindet im Wald, am Wegesrand wuchert üppiges Grün in allen Variationen, im Herbst spriessen hier Kolonien von Pilzen aus dem Boden. Der Aufstieg ist bisweilen steil und schweisstreibend, nach knapp zwei Stunden durch dichten Buchenwald erreicht man eine Lichtung und die kleine Kirchenkapelle von Missirola (1452 m). Ein friedvoller Ort mit schöner Aussicht mitten im Nirgendwo. Früher lebten und wirtschafteten hier Menschen, heute blickt man nur noch auf Erinnerungen. Ruinen, die für immer schweigen. Die Cappella della Madonna della Consolata ist das einzige noch instandgehaltene Gebäude. Die verstreuten Alphütten und Ställe in der Umgebung fristen ihr endgültiges Schicksal, Schwamm und Ungeziefer frisst sich durch das Gebälk, bis sie eines Tages unter der tonnenschweren Last der Steindächer zusammenbrechen. Zurück bleiben Trümmer und Mauerreste, überwuchert von der rasch vorrückenden Vegetation.
An der Kirchenkapelle verlässt man den markierten Weg, der weiter nach Urtirè und zum Colle Crosiasse führt und geht rechts (Richtung Westen) über die Weiden hinauf bis zum Waldrand. Dort beginnt eine undeutliche Pfadspur, die zunächst Richtung Süden durch ein Waldstück führt. Kurz darauf wandert man wieder durch offenes Gelände, der Weg verliert sich alsbald im hohen Gras der Alpweiden, vereinzelte Steinmännchen sind hilfreich bei der Wegsuche. Man überquert einen kleinen Bachlauf, der im Spätsommer und Herbst meist trocken ist und erreicht wenig später ein liebliches Hochtal mit den verstreuten Hütten von Missirola alta (ca. 1530 m). Endlose Weite, die Stille ist allgegenwärtig, die zahlreichen Hinterlassenschaften lassen jedoch darauf schliessen, dass in den Sommermonaten noch einige Kühe auf die Weiden getrieben werden. Am südwestlichen Rand der Weiden beginnt ein unmarkierter deutlicher Alpweg, der sich zunächst durch viel Gebüsch, später durch lauschigen Lärchenwald den Hang hinaufschlängelt. Nur wenig später erreicht man die Hochfläche des Piano dell‘Alpe (1598 m). Auch hier stehen die Uhren still, früher grasten hier unzählige Kühe, heute blickt man auf verwildertes Kulturland. Die Alpweiden verbuschen allmählich, an den Alpgebäuden nagt der Zahn der Zeit, was übrig bleibt, sind die Erinnerungen. Hinter den obersten Hütten verläuft der Weg wieder im Wald und windet sich das einsame Vallone di Missirola hinauf, zwischendurch passiert man ein steiniges Bachbett, was im Sommer meist austrocknet. Jenseits der Baumgrenze verliert sich der zuvor deutliche Pfad bisweilen im hohen Gras, einfach der Nase nach, die Ruinen der Alpe Colli di sotto (ca. 1800 m) sind bereits von weitem zu sehen und helfen bei der Orientierung. Im weiteren Verlauf quert man einen grasigen Rücken und erreicht kurz darauf die Hütten der Alpe Colli di mezzo (1852 m). Völlig unerwartet trifft man hier in den Sommermonaten auf ein Dutzend Rinder, die auf den steinigen Weiden grasen. Das Gebimmel der Glocken klingt wie Musik in den Ohren, ein wenig Leben, wenn auch auf vier Beinen, mitten in einem abgeschiedenen Hochtal.
Auf spärlichen Pfadspuren geht es über die Weiden hinauf zu den bereits sichtbaren Hütten der Alpe Colli di sopra (1972 m). Bei normalen Sichtverhältnissen ist der Weiterweg problemlos zu finden, bei dem hier im Hochsommer häufig vorkommenden Nebel kann man jedoch leicht die Orientierung verlieren. Von den Alpgebäuden wandert man durch den grasigen Talboden des oberen Vallone di Missirola bis zum schmalen Einschnitt des Colle Missirola (2079 m). Hier und da trifft man auf vereinzelte Steinmännchen. Vom Colle Missirola blickt man über das westlich gelegene Vallone del Croset, ein weiteres abgeschiedenes Seitental an der Nordflanke des Val Grande di Lanzo. Der einst hinabführende Alpweg ist heute von hohem Gras und Gestrüpp überwachsen und kaum mehr aufzufinden. Vom Pass steigt man weglos in wenigen Minuten auf das weitläufige und sanft gewellte Gipfelplateau der Testa Missirola (2111 m). Ziel erreicht. Ein einsames Fleckchen, wo sich nur selten jemand hinverirrt. Es lohnt sich, hier einen Moment zu verweilen und die Stille und das grossartige Panorama zu geniessen. Das Val Grande di Lanzo liegt einem zu Füssen, Richtung Norden blickt man von der Levanna Orientale (3555 m) bis zum Monte Bellavarda (2345 m) im Osten. Im Westen erhebt sich der Alpenhauptkamm mit seinen nur für Alpinisten zugänglichen Wänden und Türmen, im Süden, unmittelbar gegenüber, die Nordwand des Monte Doubia (2463 m).
Der Abstieg verläuft auf dem Aufstiegsweg.
- Mai bis Oktober
- T3
- 7,0 Std.
- Höhenunterschied: ca. 1200 m
- Ausgangs- und Endpunkt: Bussoni (919 m, Frazione di Chialamberto)
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