Punta Lunelle
Landschaftlich abwechslungsreiche Rundwanderung auf meist guten und gepflegten Wegen im Hinterland von Traves und Mezzenile. Zwei Varianten mit unterschiedlichen Ausgangspunkten stehen zur Auswahl, die zweite ist deutlich kürzer und es müssen weniger Höhenmeter bewältigt werden.
Variante 1:
Die Wanderung beginnt in Villa (628 m), einer von 15 verstreuten Ortsteilen der Gemeinde Traves im Bassa Valle di Lanzo. Traves hat 530 Einwohner, aufgrund der guten Erreichbarkeit, der Nähe zum Alpenrand und zur Kleinstadt Lanzo-Torinese war der Ort nach dem Zusammenbruch der Berglandwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg von der Landflucht weniger stark betroffen. Heute leben in Traves zwar geringfügig weniger Menschen als vor 100 Jahren, aber im Vergleich zu den abgelegenen Bergdörfern in den oberen Talabschnitten der Valli di Lanzo ist der Ort recht belebt. Es gibt einen Laden, Apotheke, Bar, Restaurant und auch eine Unterkunft. Überdurchschnittlich viele Häuser sind dauerhaft bewohnt, auch von Familien mit Kindern und jungen Leuten, andere wiederum werden noch als Zweitwohnsitze genutzt, oft von den Nachfahren der früheren Bewohner, die heute in der nahen Tiefebene leben und arbeiten. Auf gänzlich verlassene oder heruntergekommene Anwesen trifft man hier innerhalb der Dauersiedlungen nur selten.
Zunächst muss man in Villa die richtige Gasse finden, der Wegbeginn ist weder beschildert noch markiert. Einfacher ist es, 100 m südwestlich der Kirche zunächst den markierten und ausgeschilderten Weg Richtung Colle Prà Lorenzo und Uja di Calcante zu nehmen. An einer unbeschilderten und leicht zu übersehenden Wegkreuzung, nur wenige Meter hinter den letzten Häusern von Villa, verlässt man diesen bereits wieder und geht rechts auf steilem Pfad den Hang hinauf, der parallel und etwas oberhalb verlaufenden Weg ist bereits von hier zu sehen. Ab hier kann nichts mehr anbrennen, auf einem deutlichen und gut markierten Weg geht es anfangs steil im Wald bergauf. Nach einer knappen halben Stunde kommt man zu der grossen Lichtung von La Presa, eine ehemalige Alp mit einem hübsch renovierten und gepflegten Anwesen, das heute als Wochenend- oder Feriendomizil genutzt wird. Zwischen den Häusern knickt der Weg ab und führt eine steile Wiese hinauf. Kurz darauf überquert man eine unbefestigte Fahrstrasse, das Gelände wird flacher, der Pfad verschwindet alsbald im Wald. Nach einem kurzen Anstieg erreicht man eine weitere Lichtung mit einem einzelstehenden Alpgebäude (ohne Namen in der Karte). Hier beginnt ein breiter und bequem zu begehender Weg, der in einigem Auf und Ab, aber ohne nennenwerte Höhenunterschiede in etwa 45 Minuten nach Pugnetto führt.
Pugnetto (845 m) ist ein Ortsteil der benachbarten Gemeinde Mezzenile, nur noch wenige Menschen leben hier ganzjährig. Das abgeschiedene Nest macht auf den ersten Blick einen verlassenen Eindruck. Zahlreiche Häuser scheinen schon länger nicht mehr bewohnt zu sein, manchenorts blickt man auf verschlossene Fenster und Türen, bröckelnden Putz und meterhohes Unkraut. Es gibt aber auch einige noch instandgehaltene Anwesen mit liebevoll gepflegten Gärten, die nur noch am Wochenende oder in den Ferien aufgesucht werden. Bei den obersten Häusern beginnt eine teils gepflasterte Mulattiera, bei einem Wegweiser folgt man den Markierungen Richtung Colle Lunelle. Der alte Saumweg führt zunächst durch einen wunderschönen Kastanienwald, weiter oben dominieren die Buchen, am Wegesrand die verfallenen Hütten von Case Marella (920 m), die heute mitten im Wald stehen. Eine Viertelstunde später kommt man zu den Ruinen von I Gerb (1012 m, in manchen Karten auch „I Gerbi“ genannt), eine ehemalige Temporärsiedlung. Auch hier stehen die Uhren für immer still.
Als Temporärsiedlung (auch Sommersiedlung oder Maiensäß genannt) bezeichnet man eine Häusergruppe oder einen kleinen Weiler, welcher nur von Frühjahr bis Herbst (temporär) dauerhaft bewohnt ist. Meist im Mai oder Juni (je nach Höhenlage der Siedlung) zogen die Bergbauern mit ihren Tieren von der Dauersiedlung im Talboden in die Temporärsiedlung und bewirtschafteten dort das umliegende Kulturland. Im Hochsommer stiegen Teile der Familie dann weiter auf in noch höher gelegene Alpgebiete jenseits der Baumgrenze, wo das Vieh ideale Weidebedingungen vorfindet, während andere in der Nähe der Dauersiedlung die Feldarbeit erledigten. Im September ging es wieder runter und man lebte nochmals vorübergehend in der Temporärsiedlung, bevor man im Verlauf des Oktobers endgültig in die Dauersiedlung zurückkehrte und dort den Winter verbrachte. Dieses sogenannte dreistufige Nutzungssystem war bis zum Zusammenbruch der Berglandwirtschaft auf der Alpensüdseite weit verbreitet, es existiert bis heute in Reliktform. Das bedeutet, dass einige der noch in den Tälern verbliebenen Bergbauern auch heute noch mit Ihren Kühen, Rindern, Schafen und Ziegen zwischen den einzelnen Höhenstockwerken hin- und herziehen, der früher parallel betriebene Ackerbau wurde jedoch bereits ab den 1950er/1960er Jahren flächendeckend eingestellt.
I Gerb wurde bereits vor vielen Jahrzehnten für immer verlassen, heute liegen nahezu alle Gebäude in Trümmern, der Wald rückt unaufhaltsam vor. Das umliegende einst gerodete und von vielen Generationen mühsam bewirtschaftete Kulturland ist völlig von der üppigen Vegetation überwuchert, auch die ehemalige Weiden sind mittlerweile wiederbewaldet. Ein stimmungsvoller Ort mit einer ganz besonderen Atmosphäre, eine Mischung aus Idylle und trauriger Realität. Es lohnt sich, hier einen Moment zu verweilen und sich ein wenig näher umzuschauen. Jenseits des kleinen Weilers geht es sanft ansteigend auf nach wie vor schöner Mulattiera zwischen Trockensteinmauern durch Buchen- und Birkenwald weiter bergauf. Am Col Crestà (1106 m), ein wenig evidenter und von vielen Birken überwachsener Sattel, knickt der Weg nach Norden ab. Nach einer Weile lichtet sich der Wald und man wandert durch offenes und aussichtsreiches Gelände. Durch allmählich verbuschendes Weideland windet sich der Pfad zwischen verstreuten Birken einen steilen grasigen Hang hinauf, mit Blick auf die zackigen Gipfel und Felstürme der Lunelle (1494 m). Im Sommer verliert sich der hier nur schwach ausgeprägte Weg bisweilen im hohen Gras, was bei nassem Wetter ziemlich rutschig sein kann. Schliesslich erreicht man den Colle Lunelle (1312 m, ca. 1 Std. ab I Gerb), der zu einer gemütlichen Rast einlädt. Jenseits des bewaldeten Passes geht es zuerst einige Minuten leicht bergab, an dem beschilderten Abzweig hält man sich links und steigt auf steilem Pfad in etwa 10 Minuten zum Gipfelkreuz der Punta Lunelle (1382 m). Ein einsames Fleckchen, hier kommt nur selten mal jemand vorbei. Genau der richtige Ort, um die Füsse in den Himmel zu strecken und das tolle Panorama zu geniessen.
Vom Gipfel kehrt man in wenigen Minuten zum Hauptweg zurück. Über eine interessante, teils gemauerte und gepflasterte historische Weganlage (im Gelände als „Sentiero Pier Giorgio Frassati“ bezeichnet) geht es nun kontinuierlich bergab, zunächst aussichtsreich durch eine karge und felsige Landschaft, weiter unten dominieren Lärchen und Birken. Nach einem halbstündigen Abstieg mündet die eindrückliche Mulattiera in den markierten Weg, der von Traves zum Colle Prà Lorenzo führt. Im weiteren Verlauf geht es durch einen malerischen Kiefernwald hinab zum Pian Bracon (830 m), eine Hochebene mit vielen verstreuten Birken und einem Unterstand mit Picknicktisch und Grill. Vom Pian Bracon steigt man durch den Wald in weiteren 20 Minuten nach Case Figial (750 m) ab, ein einzelstehendes Anwesen auf einer kleinen Lichtung. Das verbleibende Wegstück ist pures Genusswandern, zunächst spaziert man gemütlich ohne nennenswerte Höhenunterschiede entlang eines historischen Bewässerungskanals zum Colle Colmet (717 m). Von dort geht es auf schönem Waldweg sanft bergab, wenig später erreicht man die Häuser der Località Fontana und eine Fahrstrasse, auf der man in 10 Minuten zur Kirche von Villa, dem Hauptort der Gemeinde Traves, zurückkehrt.
Variante 2:
Ausgangspunkt bei dieser Variante ist das Dorf Pugnetto (845 m), ein abgelegener Ortsteil von Mezzenile, der nur über die Gemeinde Traves erreichbar ist. Eine direkte Strassenverbindung von Mezzenile existiert bis heute nicht. In den verwinkelten Gassen begegnet man kaum einer Menschenseele. Viele der Anwesen sind heute nicht mehr dauerhaft bewohnt und werden nur noch an den Wochenenden oder in den Ferien aufgesucht.
Der markierte Weg beginnt am Ende der Fahrstrasse, wenige Meter vor der Kirche und dem Denkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege, und führt zunächst durch die schmalen Gassen des Dorfes. Jenseits der obersten Häuser trifft man, wie oben bei Variante 1 ausführlich beschrieben, auf eine schöne Mulattiera, auf der man über die aufgegebene Sommersiedlung I Gerb (1012 m) zum Colle Lunelle (1312 m) und von dort weiter auf die Punta Lunelle (1382 m) steigt. Der Aufstieg bis zum Gipfel dauert etwa 2 Stunden.
Der Abstieg ist im ersten Abschnitt ebenfalls identisch mit Variante 1. Vom Gipfel kehrt man in Kürze zum Hauptweg zurück, über eine interessante, teils gemauerte und gepflasterte historische Weganlage (im Gelände als „Sentiero Pier Giorgio Frassati“ bezeichnet) geht es durch eine karge und felsige Landschaft bergab. Nach einer halben Stunde mündet die eindrückliche Mulattiera in den markierten Weg, der von Traves zum Colle Prà Lorenzo führt. Der Weiterweg verläuft nun im Wald, nach einer Weile erreicht man eine ehemalige Weide, heute eine kleine Ebene, die von Birken und Farnen überwachsen ist. Bei einem grossen Holzwegweiser zweigt links ein anfangs undeutlicher Pfad ab, auf dem man durch lauschigen Kiefernwald, später durch Buchenwald nach Pugnetto absteigt.
- April bis November, besonders lohnend im Frühjahr und Herbst
- Schwierigkeitsgrad:
T2, T3 beim Schlussanstieg zum Gipfel - Gehzeiten:
Variante 1: 6,5 Std.
Variante 2: 4,0 Std. - Höhenunterschiede:
Variante 1: ca. 800 m mit einigen Gegensteigungen
Variante 2: 542 m - Ausgangs- und Endpunkte:
Variante 1: Villa (Frazione di Traves, 628 m)
Variante 2: Pugnetto (Frazione di Mezzenile, 845 m)
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