Pian delle Riane - Vallone di Unghiasse
Landschaftlich abwechslungsreiche Halbtageswanderung auf alten Alpwegen auf der Sonnenseite des Val Grande di Lanzo. Der Pian delle Riane ist eine weitläufige Hochebene in einem beeindruckenden Talkessel im Seitental des Rio Unghiasse.
Schon der Ausgangspunkt ist bereits eine Reise wert. Alboni ist eine aus mehreren Häusergruppen bestehende Siedlung auf einer aussichtsreichen Hochfläche über dem Val Grande di Lanzo. Jeder Winkel ist hier aufgeräumt und gepflegt. Man blickt auf aufwendig und geschmackvoll renovierte Anwesen, manchenorts wurde viel Geld in die Hand genommen und keine Mühe gescheut. Und trotzdem ist kaum jemand zuhause, ausser am Samstag und Sonntag und in den italienischen Ferien. Alles nur Zweitwohnsitze. Schicksal oder Glück? Vielleicht beides. Alboni ist kein Einzelfall in den piemontesischen Alpen. Die schmale und serpentinenreiche Zufahrtsstrasse ist nicht wintersicher. Die nächste Stadt? 30 km auf kurvenreichen Strassen. Schnelles Internet? Gibts hier nicht. All das ist schon nicht mehr kompatibel mit dem heutigen modernen Alltagsleben, wo scheinbar alles auf Schnelligkeit und spontane Erreichbarkeit ausgerichtet ist. Das war nicht immer so. Alboni war bis in die 1950er Jahre ganzjährig bewohnt, in jedem Haus lebten zwei oder drei Generationen unter einem Dach, sonntags ging man gemeinsam zum Gottesdienst in die weissgekalkte Cappella di San Grato. Die Hänge in der näheren Umgebung waren gerodet und wurden in mühseliger Arbeit kultiviert. 50 bis 70 Jahre später sind diese Flächen vom Wald beschlagnahmt. Die Einstellung der traditionellen Berglandwirtschaft und die damit verbundene Abwanderung haben den Ort geleert, bis er eines Tages nahe zu verlassen war. Viele Häuser verfielen im Laufe der Zeit. In den 1990er Jahren begann eine Trendwende, Alboni wurde wiederentdeckt – und wiederaufgebaut. Heute blickt man auf ein Schmuckstück, ein liebenswerter Ort inmitten der Stille.
Los gehts am grossen Brunnen am ehemaligen Waschhaus am Ende der Fahrstrasse. Der ausgeschilderte Weg Richtung Mea bleibt unbeachtet, es geht den Hang hinauf, vorbei an einem einzelstehenden Haus. Nach einer Viertelstunde durch schattigen Buchenwald kommt man zu einer Lichtung, hier verlässt man den markierten Weg und geht über die Wiese zu den bereits sichtbaren Hütten von Piane di sotto (1520 m). Zwischen den alten Mauern weilt noch der gute Geist von Domenico, der hier bis zum Jahr 2020 lebte, Sommer für Sommer. Ein Urgestein der Berge, freundlich, aufgeschlossen, authentisch, leider verstarb er ein Jahr später im Alter von 87 Jahren. Die Tür ist abgeschlossen, davor liegt fein säuberlich gestapeltes Brennholz, daneben ein rostiger Eimer, an der Wand ein hölzerner Rechen. Der Brunnen plätschert wie immer friedlich vor sich hin, alles ist noch so, wie es war. Jenseits der Hütten geht es durch eine Lücke zwischen den stämmigen Buchen weiter aufwärts, weiter oben überquert man eine grosse Weide und erreicht einen unbefestigten Fahrweg. Auf diesem trabt man gemütlich weiter bis Vaccheria (1630 m), die Alpgebäude werden noch instandgehalten und genutzt. Von hier schraubt sich ein ein schöner Alpweg den Kiefernwald hinauf, dann weiter auf Treppenstufen durch eine schmale Lichtung entlang einer steilen Felswand bis zu einem Bildstock. Man erreicht einen grasigen Geländerücken (1742 m) mit verstreuten Lärchen und Birken, mittendrin ruhen ein paar verfallene Hütten und Ställe. Keiner mehr da, das einzige, was bleibt, sind die Erinnerungen, trotzdem ein lauschiges Plätzchen. Bis auf den nahen Felsbuckel sind es nur wenige Schritte, zur Belohnung gibts tolle Aussicht.
Weiter oben wird es karger, die Gegend ist übersät von Steinen und Felsbrocken, die wunderschöne Mulattiera führt mitten hindurch, mal auf sorgfältig gepflasterten Abschnitten, mal auf kunstvoll angelegten Treppenstufen. Die Erbauer solcher Wege scheuten einst keine Mühe. Wie viele Kühe, Rinder, Schafe und Ziegen wurden über Generationen hier hinauf getrieben? Dann wird es auf einmal flacher, wenige Minuten später ändert sich die Landschaft schlagartig. Man blickt über eine weite Hochebene, vor einem der Pian delle Riane, ein riesiger grüner Teppich in einem gewaltigen Talkessel. Eine kleine und friedliche Welt für sich, auf den Bergwiesen blühen Veilchen und Schlangen-Knöterich, ansonsten sagen sich hier Hase und Igel gute Nacht. Langweilig kommt jedoch nicht auf, hier kann man stundenlang verweilen. Es lohnt sich, die schöne Umgebung bei einem Spaziergang ein wenig näher zu erkunden, auf der Hochfläche befinden sich die verstreuten Hütten von Riane di sotto (1779 m) und Riane di sopra (1800 m), eine undeutliche Wegspur führt entlang des Rio Unghiasse zu den abseits gelegenen Ruinen von Giardonera und der Gias di Balme. Gelegentlich weiden hier oben im Frühsommer eine Herde Kühe und ein einige Pferde, diese werden jedoch im Verlauf des Sommers weiter in höhergelegene Alpgebiete getrieben.
Nach all den vielen schönen Eindrücken steigt man zunächst auf dem Aufstiegsweg nach Vaccheria (1630 m) ab. Von dort in 20 Minuten auf dem unbefestigten Alpsträsschen durch den Wald hinab nach Mea (1526 m), ein zusammengewürfelter steinerner Häuserhaufen auf einem aussichtsreichen Geländerücken über dem Val Grande di Lanzo, unmittelbar am Fuss des markanten Felsgipfels Bec di Mea (1546 m). Gelegentlich beobachtet man hier Kletterfreaks, wie sie über den schwindelerregenden Abgründen in ihren Seilen hängen. Was für eine verträumte Kulisse, malerisch schön, im Westen erhebt sich der gewaltige Steilabfall des Alpenhauptkamms über dem Tal, von der Uja di Ciamarella (3676 m) bis zur Levanna Orientale (3555 m). Auffällig sind die vielen verwilderten Ackerbauterrassen, die sich bis weit in die angrenzenden Berghänge hinaufziehen und einst mühsam angelegt und bewirtschaftet wurden. Die Umgebung von Mea war früher waldfrei, die gerodeten Flächen wurden als Weiden genutzt, nach der weitgehenden Einstellung der Land- und Alpwirtschaft schreitet die Verbuschung und die darauffolgende Wiederbewaldung der Landschaft seit vielen Jahrzehnten unaufhaltsam voran.
Von Mea spaziert man in einer Viertelstunde hinab nach Benne (frankprovenzalisch: Benes), ein hübsch renoviertes Anwesen auf einer sonnigen Lichtung. Hier man verlässt man den breiten Forstweg, weiter auf dem alten Saumweg durch schönen Buchenwald bis Campo della Losa di sopra, die oberste Häusergruppe von Alboni. Keine Menschenseele ist zu sehen, verschlossene Fenster und Türen, allenfalls am Wochenende oder in den Ferien ist mal jemand hier oben. Weite Blicke schweifen über das Tal, hier könnte man mühelos den Rest des Tages in der Sonne verbummeln. Wenige Schritte unterhalb die Häuser von Campo della Losa di mezzo (1440 m), auch hier lebt heute niemand mehr dauerhaft. Nach einem kurzen Abstieg erreicht man schliesslich die Hochebene von Alboni mit der Cappella di San Grato (1390 m). Willkommen im Paradies.
In den untenstehenden Fotogalerien findet ihr zahlreiche Eindrücke aus allen vier Jahreszeiten.
- März bis November, bei wenig Schnee auch in den Wintermonaten
- T2
- 3 Std.
- Höhenunterschied: 400 m
- Ausgangs- und Endpunkt: Alboni (Frazione di Groscavallo, 1390 m), Zufahrt von Pialpetta über eine schmale und kurvenreiche Bergstrasse
Alboni - Piane di sotto - Pian delle Riane (13.03.2019)
Alboni - Piane di sotto - Pian delle Riane (25.04./26.04./27.04.2019)
Alboni - Piane di sotto - Pian delle Riane (19.06.2019)
Alboni - Mea - Vaccheria - Pian delle Riane (24./25.07.2019)
Alboni - Piane di sotto - Pian delle Riane (04.01.2020)
Alboni - Mea - Pian delle Riane (21.09.2020)
Alboni - Pian delle Riane - Vaccheria - Mea (18.10.2020)
Alboni - Mea - Vaccheria - Pian delle Riane (26.12.2020)
Alboni - Piane di sotto - Vaccheria - Pian delle Riane (27.03.2021)
Alboni - Piane di sotto - Vaccheria - Pian delle Riane - La Costassa - Alboni (05.01.2022)
M | D | M | D | F | S | S | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
05 | 1 | 2 | |||||
06 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
07 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
08 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 |
09 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 |
M | D | M | D | F | S | S | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
09 | 1 | 2 | |||||
10 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
11 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
12 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 |
13 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 |
14 | 31 |