Alpe Frigerole - Rifugio Peretti Griva
Wunderschöne und abwechslungsreiche Kammwanderung zwischen dem Valle Tessuolo und dem Val Malone, zwei relativ kurze Täler am Alpenrand, die unweit von Lanzo Torinese und Corio in die piemontesische Tiefebene münden.
Am Ausgangspunkt lohnt ein kurzer Bummel durch Saccona, einer der weit verstreuten Ortsteile der Gemeinde Coassolo am Talausgang des Valle Tessuolo (von den Einheimischen auch Valle Vaccarezza genannt). Einst blühte hier das Leben, heute spaziert man ein wenig nachdenklich durch die menschenleeren Gassen und hat das Gefühl, dass die Zeit für immer stehengeblieben zu sein scheint. Nach dem Zusammenbruch der traditionellen Berglandwirtschaft in den 1950er/1960er Jahren verliessen viele Menschen ihre Heimat in den Bergtälern und suchten ihr Auskommen in den aufstrebenden Industriebetrieben der nahen Tiefebene. Auch Saccona blieb von dieser Entwicklung nicht verschont, früher lebten in den Bauernhäusern bis zu drei Generationen unter einem Dach, heute ist das abgeschiedene kleine Dorf nahezu verlassen. Eine einzige Person lebt hier noch dauerhaft. Manche Häuser sind seit vielen Jahrzehnten unbewohnt und verfallen allmählich zu stillen Ruinen, andere wiederum werden noch gepflegt und instandgehalten. Sie werden allerdings nur noch an den Wochenenden oder in den Ferien aufgesucht, meist von den Nachfahren der früheren Bewohner.
Bei der Kirche von Saccona (900 m) beginnt ein wunderschöner alter Saumweg (ital. = Mulattiera), der zu den Grange Prarosso führt. Jenseits der obersten Häuser wandert man zunächst durch einen herrlichen Kastanienwald. Die Früchte der Esskastanie, auch Maronen genannt, war eines der Grundnahrungsmittel der Bergbewohner, unter anderem für die Herstellung von Brot. Kastanien gedeihen auf der Alpensüdseite an sonnigen warmen Hängen gebietsweise bis zu einer Höhe von 1200 m. Weiter oben dominieren die Birken, der Weg ist recht steil, bei warmem Wetter kommt man hier ordentlich ins Schwitzen. Am Wegesrand die verfallenen Alpgebäude von Case Bogino, die heute mitten im Wald stehen, das einst gerodete und mühsam bewirtschaftete Kulturland und die umliegenden Weiden sind mittlerweise völlig verwildert und von unzähligen Birken überwachsen. Nach etwa einer Stunde überquert man einen unbefestigten Fahrweg und kommt wenig später zu der grossen Lichtung mit den Hütten der Grange Prarosso (1259 m). Der Name Grange ist in manchen Gebieten des Piemont eine übliche Bezeichnung für eine Alp oder Alm. Über Wiesen und Weiden geht es weiterhin bergauf, oberhalb der Alp mündet der Weg erneut in einen Fahrweg, dem man aber nur kurz folgt. Der verbleibende Anstieg führt zwischen verstreuten Birken einen von Farnen und Alpenrosen überwucherten Hang hinauf. Schliesslich erreicht man die Punta Prarosso (1499 m), eine eher unaufällige Erhebung auf dem langen Gratrücken, der das Valle Tessuolo vom östlich gelegenen Val Malone trennt. Die Aussicht von diesem weltabgeschiedenen Ort ist jedoch eindrücklich, Richtung Westen blickt man auf den Alpenhauptkamm und auf viele namhaften Berge der Valli di Lanzo. Im Osten die unendliche Weite der piemontesischen Tiefebene, bei klarem Wetter sieht man die Millionenmetropole von Turin. Im Süden zeigt sich der Monviso (3841 m), der höchste Gipfel der Cottischen Alpen, jenseits davon die Seealpen und die Ligurischen Alpen. Dieses tolle Panorama begleitet einen in den nächsten Stunden.
Von der Punta Prarosso folgt man dem grasigen Kamm Richtung Norden, der gute und deutlich markierte Alpweg windet sich hinauf auf die Rocca Turi (1730 m), eine weitere Erhebung auf dem Grat zwischen dem Valle Tessuolo und dem Val Malone. Von dem langgezogenen Gipfelplateau geht es kurz bergab und man kommt zu den Alpgebäuden von La Torre (1682 m), von den Einheimischen im lokalen Dialekt La Tour genannt (im Gelände und in den einschlägigen Wanderkarten nicht näher bezeichnet). Auffällig ist hier die kreisrunde, aus Findlingen gemauerte Zisterne, für die Bauern seinerzeit die einzige Möglichkeit, sich und die Tiere auf dem kargen und trockenen Kamm mit Trinkwasser zu versorgen. Ein käsender Alphirte verweilte hier jedoch nicht, auch in den Ställen wurden niemals Kühe gemolken, die Gebäude wurden erst in den 1950er Jahren errichtet und kurioserweise danach nie in Betrieb genommen. Heute blickt man auf steinerne Relikte aus einer längst vergangenen Epoche, die dem Verfall preisgegeben wurden, einige der Dächer sind mittlerweile eingestürzt. Nichts desto trotz ein beschauliches Fleckchen mit grossartigem Panorama. Wenige Meter oberhalb, unmittelbar am Fuss der Rocca Frigerole (1729 m), steht noch ein aussergewöhnliches turmartiges Alpgebäude, das noch intakt ist. In leichtem Auf und Ab verläuft der Weg weiter Richtung Norden über den grasigen Kamm bis zum Kreuz auf dem Pian Frigerole (1775 m). Nur wenige Schritte entfernt befindet sich die in den Sommermonaten zeitweise bestossene Alpe Frigerole (1791 m), drei U-förmig angeordnete Alpgebäude, die alle noch in einem guten Zustand sind, Wasser findet man im Innenhof bei der Viehtränke. Hier verlässt man den Kamm Richtung Nordosten und erreicht auf nahezu ebenem Pfad in Kürze die Alpe Balma Bianca mit dem bereits von weitem sichtbaren Rifugio Peretti Griva (1821 m). Auf der Hüttenterrasse plätschert gemächlich der Brunnen vor sich hin, ein gemütliches Plätzchen inmitten der Stille, hier kann man in aller Ruhe die Seele baumeln lassen und die wunderschöne Umgebung geniessen.
Das Rifugio Peretti Griva ist nicht bewirtschaftet und leider nicht frei zugänglich. Schlüssel für die mittlerweile fertig renovierte und gut ausgestattete Selbstversorgerhütte in der Osteria di Campagna in Cudine (Frazione di Corio), Case Sparse Forcola, 12, Tel. +39 011 928384 oder +39 011 9282133, osteriadicampagna@mail.com
Der Abstieg verläuft auf dem Aufstiegsweg.
- April bis Oktober, bei geeigneten Bedingungen auch in den Wintermonaten
- T2
- 5,5 Std.
- Höhenunterschied: 921 m
- Ausgangs- und Endpunkt: Saccona (Frazione di Coassolo Torinese, 900 m)
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