Colle della Crocetta
Der Colle della Crocetta ist ein historischer Passweg zwischen dem Val Grande di Lanzo und dem nördlich gelegenenen Valle Orco. Über den Pass verläuft eine Etappe des Fernwanderweges GTA, der die gesamten piemontesischen Alpen von der Schweizer Grenze bis zum Mittelmeer durchquert.
Die Wanderung beginnt in Rivotti, ein abgeschiedener Ortsteil von Groscavallo auf einer grossen sonnigen Lichtung über dem Val Grande di Lanzo. Man blickt auf einen wunderschönen Ort, die sehenswerte weisse Kirchenkapelle steht mitten auf einer aussichtsreichen Wiese, gleich daneben ein dicht gedrängter Häuserhaufen mit einigen hübsch renovierten Gebäuden. Rivotti ist seit der weitgehenden Einstellung der traditionellen Berglandwirtschaft nur noch im Sommer oder an den Wochenenden bewohnt, im Winter regiert hier die Stille.
Von der Kirchenkapelle von Rivotti (1452 m) geht man zunächst auf einem unbefestigten Fahrweg hinauf zu den Alphütten von Crest (1533 m), die von Juni bis September von einer Familie aus dem Tal bewohnt sind. Jenseits der Alp überquert man die parallel verlaufene Fahrstrasse und kommt wenig später zu den teils restaurierten Gebäuden von Balmes (1604 m). Weiter Richtung Norden, Schilder weisen den richtigen Weg, der sich zunächst durch Weideland talaufwärts windet. In den nächsten Stunden wandert man durch das beschauliche Vallone di Vercellina, ein stilles Seitental auf der Sonnenseite des Val Grande di Lanzo. Der namensgebende Bach mündet bei dem Ort Pialpetta in den Fiume Stura di Val Grande. Nach etwa einer Stunde durch lichten Lärchenwald ist die Waldgrenze erreicht, wenig später kommt man zur Gias di Mezzo (2086 m), wo in den Sommermonaten zahlreiche Kühe und Rinder auf den umliegenden Weiden grasen. Der Name Gias ist eine in dieser Region häufig verwendete Bezeichnung für eine Alp oder Alm. Jenseits der Alp überquert man den Rio Vercellina und wandert nun aussichtsreich weiter talaufwärts. Am Wegesrand die steinernen Hütten der Gias Nuovo (2312 m), ringsherum karges und von Steinen übersätes Weideland. Der wunderschöne Alpweg überwindet eine weitere Geländestufe, dann wird es sanfter und man kommt zu einer kleine Verebnungsfläche. Mittendrin ruht der malerische Lago di Vercellina (2484 m), der zu einer gemütlichen Rast einlädt. Von dem herrlich gelegenene Bergsee ist es nicht mehr weit, nach einem halbstündigen Schlussanstieg erreicht man den Colle della Crocetta (2641 m) mit seinem namensgebenden Kreuz, gleichzeitig Wasserscheide zwischen dem Val Grande di Lanzo und nördlich gelegenene Valle Orco. Bei klarem Wetter geniesst man von hier ein atemberaubendes Panorama auf die beeindruckende Gebirgskulisse. Im Süden und Westen die Gipfel der Valli di Lanzo, im Norden das Valle Orco mit dem Lago di Ceresole im Talboden, darüber erhebt sich der Gran Paradiso (4061 m) mit all seinen Trabanten. Zum Greifen nah die Gruppe der Levanne (Levanna Orientale, 3555 m; Levannetta, 3432 m; Levanna Centrale, 3619 m und Levanna Occidentale, 3593 m) mit ihren gewaltigen Steilwänden.
Am Colle della Crocetta hat man die Qual der Wahl. In knapp drei Stunden steigt man auf dem Aufstiegsweg wieder ab zum Ausgangspunkt in Rivotti. Viel schöner ist es jedoch, die Tour zu einer Rundwanderung zu erweitern, der Abstieg dauert dann allerdings etwa 1 bis 1,5 Std. länger.
Vom Pass führt ein steiniger Pfad Richtung Osten in gut 20 Minuten hinauf zum nahen Colle della Terra Fertà (2723 m), der höchste Punkt dieser Wanderung. Auf der anderen Seite geht es nun auf gut markiertem Weg abwärts, vorbei an einigen kleinen Seen und Tümpeln bis zum bereits sichtbaren Lago della Fertà (2557 m). An dem wunderschön gelegenen Bergsee am Fuss des Monte Bellagarda (2900 m) kann man nicht einfach so vorbeilaufen, ohne die Füsse ins Wasser zu strecken. Wenige Meter östlich des Sees zweigt rechts eine nur spärlich markierte Pfadspur Richtung Südosten ab, wenige Minuten später kommt man an den steinernen Hütten der Alpe Becco degli Uccelli (ca. 2500 m) vorbei. Die Alp ist benannt nach einer Felsformation in der Nähe, dessen markante Gestalt wie der Kopf eines Vogels anmutet. Über grasige, von Steinen und Felsbrocken übersäte Matten geht es durch das Hochtal der Gias di Punta weiterhin bergab, bei normalen Sichtverhältnissen ist der Weg nicht zu verfehlen, bei Nebel sollte man die bisweilen undeutliche Pfadspur und die wenigen, teils verblichenen Markierungen nicht aus den Augen verlieren. Man erreicht eine kleine Ebene mit einem Bergbach, der hier – hoffentlich trockenen Fusses – überquert wird. Jenseits des Baches geht es zwischen glattgeschliffenen Felsplatten wenige Meter bergauf, am Wegesrand die teils verfallenen Hütten der Alpe Giornata di Punta (2386 m). Wenige Meter unterhalb der Alpgebäude mündet der Pfad bei einer einzelnen Ruine in den deutlichen und gut markierten Weg, der vom Gran Lago d‘Unghiasse ins Tal führt. Fünf Minuten später kommt man Alpe del Laietto (2298 m), die zahlreichen Hütehunde begrüssen einen schon von weitem mit ihrem Gebell. Hier lebt in den Sommermonaten eine Familie aus Mathi am Alpenrand, auf den umliegenden Weiden grasen unzählige Kühe. Man betritt eine andere Welt, Leben und Arbeiten wie anno dazumal, gackernde Hühner, Schweine wälzen sich vergnügt im Dreck, vor einer der Hütten liegt ein Melkschemel. Elektrischen Strom gibt es hier nicht, ebenso wenig eine Fahrstrasse, man versorgt sich wie seit Jahrhunderten zu Fuss, schwere Lasten übernehmen die Pferde und Esel. Unterhalb der archaisch anmutenden Alpgebäude befindet sich der idyllische Lago del Laietto, eingebettet von Felsplatten, blankgeschliffen von eiszeitlichen Gletschern. Genau der richtige Ort, um seinen Gedanken freien Lauf zu lassen und das schöne Panorama dabei zu geniessen.
Aber die Reise ist noch nicht zu Ende. Bis zum Endpunkt dieser Wanderung ist es noch ein gutes Stück des Weges, vor einem liegt noch ein knapp dreistündiger Abstieg. Von der Alpe del Laietto führt der nun angenehm zu begehende Weg sanft fallend durch das einsame Vallone di Unghiasse. Nach den Alpgebäuden der Gias Vecchio (2142 m) steigt man auf der orografisch linken Seite des Rio Unghiasse ab zum bereits weithin sichtbaren Pian delle Riane (ca. 1780 m). Endlose Weite, ein paar verstreute Alphütten, eine beschauliches Fleckchen. Nur das Rauschen des Bergbaches, der durch die weitläufige Hochebene vor sich hinmäandert, durchbricht die Stille. Am südlichen Ende der Weiden beginnt ein teils gepflasterter und mit Treppenstufen angelegter alter Saumweg, auf dem man in 20 Minuten nach Vaccheria absteigt. Drei verwaiste Alphütten, mittendrin ein rostiger Geländewagen, der Brunnen plätschert monoton vor sich hin. Nur im Frühsommer und im Herbst trifft man hier auf Menschen, im Hochsommer ziehen sie mit ihren Tieren weiter auf höhergelegene Matten. Der Weg mündet in einen unbefestigten Fahrweg, dem man rechts einige hundert Meter folgt. An einem leicht zu übersehendem Wegweiser geht es links auf steilem Pfad den Wald hinab, vorbei an der Alp von Piane di sotto (1520 m). Zwischen den alten Mauern weilt noch der gute Geist von Domenico, der letzte Bewohner von Piane, er verstarb im Jahre 2021 im Alter von 86 Jahren. Von Piane di sotto windet sich der Weg durch den Buchenwald hinab, in Kürze erreicht man die grosse Hochebene von Alboni (1390 m) mit seinen verstreuten Häusergruppen. Alboni ist nicht einfach nur ein beliebiger Ort, Alboni ist anders, Alboni ist besonders. Und wer nach der langen Tour noch die Muße hat, sich hier ein wenig näher umzusehen, wird gewiss verstehen, von was ich spreche. Herzlich willkommen!
- Mitte Juni bis Oktober, nur bei sicherem Wetter
- T2
- Gehzeiten:
7 Std. (Abstieg auf dem Aufstiegsweg)
8 Std. (Rundwanderung via Lago della Fertà) - Höhenunterschiede:
1189 m (bis zum Colle della Crocetta)
1271 m (Rundwanderung via Lago della Fertà) - Ausgangs- und Endpunkt: Rivotti (Frazione di Groscavallo, 1452 m), Zufahrt von Pialpetta über eine schmale und kurvenreiche Bergstrasse
- Endpunkt bei der Rundwanderung via Lago della Fertà: Alboni (Frazione di Groscavallo, 1390 m)
M | D | M | D | F | S | S | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
05 | 1 | 2 | |||||
06 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
07 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
08 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 |
09 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 |
M | D | M | D | F | S | S | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
09 | 1 | 2 | |||||
10 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 |
11 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 |
12 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 |
13 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 |
14 | 31 |